(ip/RVR) Im Rahmen des Pfändungsschutzes nach § 851c Abs. 1 ZPO soll es sich nach einer Entscheidung des VII. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes bei einer Lebensgefährtin nicht um eine Hinterbliebene im Sinne von Nr. 3 der genannten Vorschrift handeln. Grundsätzlich müssten für den Pfändungsschutz die in den Nrn. 1 – 4 genannten Voraussetzungen im Zeitpunkt der Pfändung vorliegen. Ist vertraglich jedoch vorgesehen, dass die Voraussetzungen des § 851c Abs. 1 ZPO erst ab einem bestimmten Zeitpunkt vorliegen, sei es nach Sinn und Zweck der Vorschrift geboten, den Pfändungsschutz ab diesem späteren Zeitpunkt zu gewähren.

Der Gläubiger pfändete Ansprüche aus privaten Rentenversicherungen. Die Erinnerung des Schuldners gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist ebenso wie die nachfolgende sofortige Beschwerde erfolglos geblieben. Die Rechtsbeschwerde war erfolgreich und sprach dem Schuldner teilweise Vollstreckungsschutz nach § 851c Abs. 1 ZPO zu.

Weil in dem Versicherungsvertrag unter anderem geregelt war, dass die Versicherungsleistungen im Falle des Todes des Schuldners an dessen Lebensgefährtin ausbezahlt würden, meinte das Beschwerdegericht, die Voraussetzung des § 851c Abs. 1 Nr. 3 ZPO sei nicht erfüllt, da eine Lebensgefährtin keine Hinterbliebene im Sinne dieser Vorschrift sei.

Diese Ansicht vertritt auch der BGH: Die Literatur verstünde unter Hinterbliebenen überwiegend die Ehegatten, Lebenspartner, Kinder und Pflegekinder. Auch Entstehungsgeschichte und der Wille des Gesetzgebers spräche für die Ausklammerung von Lebensgefährten, denn in den Gesetzesberatungen wurde die Aufnahme des nichtehelichen Lebensgefährten nicht einmal erwogen. Schließlich fordere auch der Gesetzeszweck ein solches Verständnis: „§ 851c ZPO zielt unter anderem darauf ab, durch den Schutz von Vermögenswerten, die der privaten Sicherung der Altersvorsorge dienen, eine vollstreckungsrechtliche Ungleichbehandlung gegenüber öffentlich-rechtlichen Renten- oder Versorgungsleistungen zu beseitigen […]. Dem entspricht es, den Pfändungsschutz nur für Ansprüche aus Verträgen zu gewähren, deren Leistungen vergleichbar diesen öffentlichrechtlichen Leistungen ausgestaltet sind. Letztere sehen […] Hinter-bliebenenleistungen an den Ehegatten bzw. den eingetragenen Lebenspartner sowie die Kinder und Verwandte der aufsteigenden Linie vor […]. Leistungen an nichteheliche Lebensgefährten finden sich dort nicht“ (Rz. 15 der Entscheidung).

Der BGH hat die Entscheidung des Beschwerdegerichts jedoch insoweit aufgehoben, als Vollstreckungsschutz auch für den Zeitraum verwehrt wurde, in dem das Bezugsrecht der Lebensgefährtin nach dem Vertrag weggefallen ist. Denn ab diesem Zeitpunkt bestehe kein Grund für die Versagung des Pfändungsschutzes mehr, denn „kann sich nach der Vertragslage eine Situation, der die Voraussetzungen des § 851c Abs. 1 ZPO entgegenwirken wollen, und die darin besteht, dass der Schuldner Vermögenswerte zweckwidrig dem Gläubigerzugriff entzieht, nicht mehr verwirklichen, ist der Altersvorsorgecharakter des Vertrages gesichert“ (Rz. 20 der Entscheidung).

BGH vom 25.11.2010, Az. VII ZB 5/08


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