(ip/RVR) Der Bundesgerichtshof entschied kürzlich über die Wirksamkeit von Zustellungen an einen gegen Art. 1 § 1 des Rechtsberatungsgesetzes (RBerG) verstoßenden Bevollmächtigten.

Das Vollstreckungsgericht ordnete die Zwangsversteigerung der im Rubrum näher bezeichneten Grundstücke der Schuldnerin an. Die Vollstreckungstitel sind dem Bevollmächtigten der Schuldnerin, einem Assessoren, zugestellt worden. Das Vollstreckungsgericht ging zunächst davon aus, dass sämtliche Zustellungen an den Bevollmächtigten der Schuldnerin wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG unwirksam seien. Demzufolge hob es den Versteigerungstermin auf und stellte das Verfahren zur Nachholung ordnungsgemäßer Zustellungen einstweilen ein.

Die Überprüfung der Rechtslage ergab, dass ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz nicht die Unwirksamkeit der Zustellung zur Folge hat. Folglich ordnete das Vollstreckungsgericht mit Beschluss vom 31. März 2009 die Fortsetzung des Verfahrens an.

Die gegen die Fortsetzung des Verfahrens gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldnerin blieb erfolglos.

Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde strebt die Schuldnerin die Aufhebung des „gesamten Verfahrens“ an.

Der BGH entschied, dass die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und nach § 575 ZPO auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde unbegründet ist.

Zur Begründung führte er unter anderem aus, dass es für die – hier maßgebliche – Rechtslage nach dem Rechtsberatungsgesetz höchstrichterlicher Rechtsprechung entspricht, „dass Prozesshandlungen nicht ohne weiteres unbeachtlich sind, wenn der Bevollmächtigte gegen Art. 1 § 1 RBerG verstößt (vgl. BVerfG NJW 2004, 1373, 1374; BGHZ 54, 275, 281).“ Gestützt auf die höchstrichterliche Rechtsprechung stellte der BGH fest, dass ein den Bevollmächtigten vom Verfahren ausschließender Beschluss konstitutiv wirkt und keine Rückwirkung entfaltet. Für Zustellungen, so der BGH, gilt nichts anderes. Der Gesetzgeber schuf für das seit dem 1. Juli 2008 geltende Recht eine ausdrückliche Regelung, wonach nicht nach § 79 Abs. 2 ZPO zur Vertretung befugte Prozessbevollmächtigte zurückzuweisen sind, die bis dahin vorgenommenen Rechtshandlungen und Zustellungen aber wirksam bleiben (§ 79 Abs. 3 Satz 1 u. 2 ZPO).

Es ist jedoch zu beachten, dass diese Regelung nicht ausschließt, dass eine Prozessvollmacht bei Hinzutreten außergewöhnlicher Umstände unwirksam sein kann. Zustellungen in einem gerichtsförmigen Verfahren sind allerdings damit nicht zu vergleichen.

Somit liegt kein zur Aufhebung des Verfahrens führender Vollstreckungsmangel im Sinne von § 28 Abs. 2 ZVG vor. Die an den Bevollmächtigten der Schuldnerin bewirkten Zustellungen sind wirksam. Der in Rede stehende Verstoß gegen Art. 1 § 1 RBerG führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung.

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Potsdam wird auf Kosten der Schuldnerin zurückgewiesen.

Der Leitsatz fasst zusammen:
„Zustellungen an einen gegen Art. 1 § 1 RBerG verstoßenden Bevollmächtigten sind bis zu dessen Zurückweisung durch das Gericht wirksam (vgl. nunmehr auch § 79 Abs. 3 Satz 2 ZPO); ein den Bevollmächtigten vom Verfahren ausschließender Beschluss wirkt konstitutiv und entfaltet keine Rückwirkung.“

BGH vom 15.04.2010, Az.: V ZB 122/09


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