Versagung der Restschuldbefreiung bei Insolvenzstraftat
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(ip/RVR) Auf die Rechtsbeschwerde des Insolvenzschuldners hat der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit Beschluss vom 18.02.2010 (IX ZB 180/09) die Beschlüsse der 5. Zivilkammer des Landgerichts Gera vom 3. Juli 2009 und des Amtsgerichts Gera vom 15. Juni 2009 aufgehoben.
Der Schuldner hatte am 15 April 2009 beim Insolvenzgericht Gera gem. § 4 a InsO die Stundung der Verfahrenskosten für die Durchführung eines Insolvenzverfahrens beantragt. Sowohl das Amtsgericht Insolvenzgericht Gera als auch das Landgericht als Beschwerdegericht hatten den Antrag mit der Begründung abgewiesen, dass die Stundung der Verfahrenskosten gem. § 4 a Abs. 1 Satz 3 InsO ausgeschlossen sei, da ein Versagungsgrund gem. § 290 InsO gegeben sei.
Dem lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der Schuldner wurde am 18.10.1999 wegen Verletzung der Buchführungspflicht (§ 283 b Abs. 1 Nr. 3 b StGB) rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen verurteilt. Dieser Verurteilung folgte eine weitere, jedoch nicht insolvenzrechtliche Straftat, woraufhin im Jahr 2001 eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 95 Tagessätzen gebildet wurde. In den Jahren 2006 und 2007 kam es zu weitere Verurteilungen wegen Eigentumsdelikten zu Geldstrafen.
Wegen dieser Folgeeintragungen im Bundeszentralregister - so dass Amtsgericht und Landgericht Gera - sei die 1999 verurteilte Insolvenzstraftat noch nicht getilgt und es sei auch noch keine Tilgungsreife gem. § 47 Abs. 3 BZRG eingetreten.
Dies wurde vom IX. Zivilsenat des BGH anders gesehen. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des 2. Zivilsenats des OLG Celle vom 05.04.2001 (ZInsO 2001, 414, 416 f.; NJW-RR 2002, 196 - 199) hob er die Beschlüsse des Landgerichts und Amtsgerichts Gera mit der Begründung auf, dass die Verurteilung aus dem Jahre 1999 wegen einer Insolvenzstraftat aufgrund Zeitablaufs für die Frage, ob ein Versagungsgrund nach § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO vorliegt, nicht mehr herangezogen werden darf.
Nachdem § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO keine zeitliche Beschränkung enthält, innerhalb derer strafrechtliche Verurteilungen wegen einer Insolvenzstraftat zu berücksichtigen sind, können nach der Rechtsprechung (BGH, NJW 2003, 974; OLG Celle, NJW-RR 2002, 196), die Tilgungs- und Verwertungsvorschriften des Bundeszentralregistergesetzes (BZRG) als zeitlicher Rahmen herangezogen werden. Somit sind rechtkräftige Verurteilungen wegen einer Insolvenzstraftat bei der Frage der Restschuldbefreiung gem. § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO nur innerhalb der Tilgungsfrist der §§ 45 ff. BZRG zu berücksichtigen. Kommt es wie im vorliegenden Fall zu weiteren Verurteilungen, die nicht Insolvenzstraftaten sind, so ist die damit einhergehende Verlängerung der Löschungsfrist nicht maßgeblich für die Frage der Restschuldbefreiung. Eine Berücksichtigung würde mittelbar zur Versagung der Restschuldbefreiung aus nicht in dem § 290 Abs.1 Nr. 1 InsO abschließend aufgezählten Versagungsgründe führen. Dies wäre mit der Absicht des Gesetzgebers nicht vereinbar.
Es ist daher als zeitliche Grenze für die Versagung der Restschuldbefreiung nicht die tatsächliche Tilgungsfrist im Bundeszentralregister zu berücksichtigen, sondern die für die isoliert zu betrachtende Insolvenzstraftat maßgebliche Frist des § 46 BZRG. Liegen also isoliert auf die Insolvenzstraftat bezogen die Löschungsvoraussetzungen vor, kann die Restschuldbefreiung nicht versagt und auch die Verfahrenskostenstundung aus diesem Grund nicht abgelehnt werden.
Der IX. Zivilsenat kommt somit zu dem Ergebnis, dass bei alleiniger Verurteilung des Schuldners im Jahr 1999 wegen der Verletzung der Buchführungspflicht gem. § 46 Abs. 1 BZRG diese im Jahr 2004 getilgt werden hätte müssen.
Ein Versagungsgrund gem. § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO lag daher zum Zeitpunkt der Antragstellung im Jahr 2009 nicht mehr vor. Das Insolvenzgericht durfte dem Schuldner wegen dieser Verurteilung die Restschuldbefreiung nicht versagen und auch die Stundung der Verfahrenskosten wegen des Urteils nicht ablehnen.
BGH Beschluss vom 18.02.2010, Az. IX ZB 180/09
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