(ip/RVR) Der Bundesgerichtshof (BGH) setzte sich in einem seiner aktuellsten Beschlüsse mit der Problematik der Vermögensbetreuungspflicht des Gerichtsvollziehers auseinander.

Das Landgericht verurteilte den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen Gebührenüberhebung in mehreren Fällen, jeweils in Tateinheit mit Untreue, und wegen Abgabenüberhebung in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten. Die Vollstreckung der Strafe setzte es zur Bewährung aus. Darüber hinaus erkannte es dem Angeklagten die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, für die Dauer von zwei Jahren ab.

Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts.

Laut den vom Landgericht getroffenen Feststellungen erhob der Angeklagte als Gerichtsvollzieher in einer Vielzahl von Vollstreckungsverfahren zu hohe Gebühren. Die Schuldner erbrachten in den einzelnen Fällen, nachdem der Angeklagte in den verschiedenen Vollstreckungsverfahren bereits früher tätig war, jeweils weitere freiwillige Teilzahlungen an den Angeklagten. Er berechnete in den einzelnen Fällen Gebühren in Höhe von 21,10 Euro und erhob damit um 17,50 Euro überhöhte Gebühren, die er jeweils von den vereinnahmten Teilzahlungen der Schuldner vor Weiterleitung an die Gläubiger in Abzug brachte.

Es kann nicht in allen Fällen den Urteilsgründen entnommen werden, ob der Angeklagte überhöhte Gebühren anlässlich freiwilliger Teilzahlungen der Vollstreckungsschuldner erhoben hat, so dass das Verfahren bzgl. dieser Fälle eingestellt wird. In den verbleibenden Fällen, so der BGH, tragen die Feststellungen die Verurteilung des Angeklagten wegen Untreue gemäß § 266 Abs. 1 StGB. Es ist zu beachten, dass entgegen der Ansicht des Landgerichts, der Angeklagte jeweils Untreuetaten zum Nachteil der Gläubiger begangen hat. „Durch die Berechnung überhöhter Gebühren und deren Einbehalt bei der Weiterleitung der vereinnahmten Teilzahlungen hat der Angeklagte die ihm als Gerichtsvollzieher gegenüber den Gläubigern obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt und den Gläubigern einen Vermögensnachteil zugefügt.” Nach Maßgabe des § 58 Nr. 2 der Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher (GVGA) hat der Gerichtsvollzieher die Weisungen des Gläubigers insoweit zu berücksichtigen, als sie mit den Gesetzen oder der Geschäftsanweisung nicht in Widerspruch stehen. Der Gerichtsvollzieher hat gemäß § 106 Nr. 6 GVGA die empfangene Leistung und nach § 138 Nr. 1 GVGA bzw. § 170 GVGA gepfändetes oder ihm gezahltes Geld nach Abzug der Vollstreckungskosten unverzüglich an den Gläubiger abzuliefern. Gegen diese Amtspflichten hat der Angeklagte verstoßen.

Der BGH führt weiter aus, dass § 815 Abs. 3 ZPO auf freiwillige Zahlungen des Schuldners an den Gerichtsvollzieher analog anwendbar ist und wird nicht als Erfüllungsfiktion, sondern als eine von § 270 BGB abweichende Regelung über die Gefahrtragung verstanden. „Der Schuldner ist bei freiwilliger Leistung unter dem Druck drohender Pfändung ebenso schutzwürdig wie bei der Wegnahme (BGH, Beschluss vom 29. Januar 2009 - III ZR 115/08 aaO; Musielak/Becker aaO § 815 Rn. 5).“ Dieser Schutz des Schuldners stellt eine logische Konsequenz des Umstandes dar, dass er auf den weiteren Verfahrensablauf keinen Einfluss nehmen kann. „Verwendet der Gerichtsvollzieher das Geld nicht entsprechend den vollstreckungsrechtlichen Vorschriften, trägt der Gläubiger somit die Gefahr.“ Daraus folgt, dass er den Schuldner nicht nochmals in Anspruch nehmen kann.

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankenthal wird die weiter gehende Revision verworfen und der Angeklagte hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Der Leitsatz fasst zusammen:
„Den Gerichtsvollzieher trifft kraft seiner gesetzlichen Stellung als Vollstreckungsorgan im Rahmen des ihm erteilten Vollstreckungsauftrags eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger.“

BGH vom 07.01.2011, Az.: 4 StR 409/10


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