Pressedurchsichtspflicht besteht
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(ip/pp) Zur Pflicht des Anlageberaters, die Wirtschaftspresse im Hinblick auf für die von ihm vertriebenen Anlageprodukte relevante Pressemitteilungen zeitnah durchzusehen, hatte der Bundesgerichtshof (BGH) aktuell zu entscheiden. Der Kläger des Verfahrens machte aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau Schadensersatz wegen einer fehlerhaften Beratung in Zusammenhang mit der Zeichnung einer Beteiligung an einer stillen Beteiligungsgesellschaft r. (GbR) geltend. Mit sofort vollziehbarer Verfügung untersagte das damalige Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen der r. Gesellschaft für Vermögensplanung und Finanzdienstleistungen mbH gemäß § 37 KWG am 9. September des betreffenden Jahres das weitere Betreiben von Einlagegeschäften auf der Grundlage sogenannter stiller Gesellschaftsverträge und ordnete die Rückabwicklung der Einlagegeschäfte an. Das Bundesaufsichtsamt gab dies in einer Pressemitteilung vom 4. Dezember bekannt. Am 7. Dezember wurde im Handelsblatt auf S. 23 in einer kleinen Meldung über sieben Zeilen unter dem Titel „Bankenaufsicht geht gegen r. vor“ über die Untersagungsverfügung berichtet.
Die Beklagte des Verfahrens bezog das Handelsblatt nicht und wertete dies auch nicht aus. Am 10. Dezember kam es zu einem Beratungsgespräch in ihren Räumen mit dem Kläger und seiner Ehefrau. Aufgrund dieses Gesprächs unterzeichnete die Ehefrau des Klägers auf Empfehlung der Beklagten eine Beitrittserklärung zu der „stillen Beteiligungsgesellschaft r. (GbR) Berlin“ mit einem Beteiligungsbetrag von 50.000,- Euro. Mit Schreiben vom 21. Dezember bestätigte die r. GmbH der Ehefrau des Klägers den Eingang ihrer Beitrittserklärung und übersandte ihr gleichzeitig ein gegengezeichnetes Rückkaufsangebot.
Nachdem die Ehefrau des Klägers durch ein Schreiben der r. GmbH vom 13. November des übernächsten Jahres von der Untersagungsverfügung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen erfahren hatte und dabei gebeten worden war, zur Abwendung einer sonst drohenden Insolvenz mit dem bereits investierten Geld eine neue Beteiligung einzugehen, wandte sie sich an den Geschäftsführer der Beklagten mit der Bitte um Rat. Dieser empfahl ihr dringend, die Beteiligung erneut zu unterzeichnen, da das Geld sonst verloren sei. Am 17. April des dann folgenden Jahres wurde das Insolvenzverfahren über die Firma r. GmbH eröffnet.
Es kam zur Klage gegen den Berater, auch zu geringen Rückzahlungen, aber letztinstanzlich entschied der BGH mit Verweis auf seinen Beraterstatus und dessen besondere Verantwortung klar gegen ihn:
„Ein Anleger wird einen Anlageberater im Allgemeinen hinzuziehen, wenn er selbst keine ausreichenden wirtschaftlichen Kenntnisse und keinen genügenden Überblick über wirtschaftliche Zusammenhänge hat. Er erwartet dann nicht nur die Mitteilung von Tatsachen, sondern insbesondere deren fachkundige Bewertung und Beurteilung. Häufig wünscht er eine auf seine persönlichen Verhältnisse zugeschnittene Beratung”
„Die Beklagte … hat ihre Pflichten aus dem Beratungsvertrag mit der Zedentin, verletzt, weil sie diese nicht auf die Untersagungsverfügung des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen hingewiesen hat.“
„Bei einem Beratungsvertrag ist der Anlageberater zu mehr als nur zu einer Plausibilitätsprüfung verpflichtet. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Ein Anlageberater ist deshalb gehalten, eine Anlage, die er empfehlen will, mit üblichem kritischem Sachverstand zu prüfen, oder den Anleger auf ein diesbezügliches Unterlassen hinzuweisen. Ein Anlageberater, der sich in Bezug auf eine bestimmte Anlageentscheidung als kompetent geriert, hat sich aktuelle Informationen über das Anlageobjekt zu verschaffen, das er empfehlen will. Dazu gehört auch die Auswertung vorhandener Veröffentlichungen in der Wirtschaftspresse. Bei einer privaten Anleihe muss danach über zeitnahe und gehäufte negative Berichte in der Börsenzeitung, der Financial Times Deutschland, dem Handelsblatt und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung unterrichtet werden“.
BGH, Az.: III ZR 302/08