Leistungserbringung "in der Krise"
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(ip/pp) Hinsichtlich einer Aufrechnung durch den Auftraggeber bei Leistungserbringung des später insolventen Auftragnehmers „in der Krise“ hatte das Oberlandesgerichts München jetzt zu befinden. Der Kläger war Insolvenzverwalter über das Vermögen einer Elektroanlagen GmbH, über die nach Insolvenzantrag der AOK das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die nachmalige Schuldnerin hatte mit dem Beklagten, vertreten durch das staatliche Bauamt, Bauverträge geschlossen. Gegen den Werklohn hatte der Beklagte auf Veranlassung des Finanzamtes mit Steuerforderungen gegen die Schuldnerin aufgerechnet.
Der Kläger trug vor, ein Teil der Bauleistungen im Wert von gut 52.000,- Euro sei erst kurz vor dem Insolvenzverfahren „in der Krise“ erbracht worden. Der Beklagte entgegnete, relevant sei nicht der Zeitpunkt der Leistungserbringung sondern der außerhalb der Krisenzeit abgeschlossene Bauvertrag- Die Leistungserbringung sei eine Bedingung im Sinne des § 140 Abs. 3 InsO, so dass auf den Zeitpunkt der Entstehung des bedingten Anspruchs abzustellen sei. Ferner könne die Kenntnis des Finanzamtes über die finanzielle Situation der Schuldnerin nicht dem Bauamt als leistungsempfangender Stelle zugerechnet werden.
Das Landgericht hatte die Klage nach Durchführung der Beweisaufnahme zu den Zeitpunkten der Leistungserbringung abgewiesen. Abzustellen sei auf den Abschluss des Bauvertrags - und eine Zurechnung der Kenntnis des Finanzamtes finde nicht statt; daher habe der Beklagte die Leistungen der Schuldnerin nicht in anfechtbarer Weise erlangt.
Das OLG München entschied: „1. Hat ein Auftraggeber mehr als drei Monate vor dem Insolvenzantrag des Auftragnehmers mit diesem einen Bauvertrag abgeschlossen, erlangt er im insolvenzanfechtungsrechtlich relevanten Zeitraum (der letzten drei Monate vor dem Insolvenzantrag) durch die weitere Leistungserbringung eine kongruente Deckung.
2. Nimmt der Auftraggeber in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Auftragnehmers die weitere Leistungserbringung als kongruente Deckung entgegen, kann er gegen den hierauf anteilig entfallenden Werklohnanteil nicht wirksam mit Gegenforderungen, die reine Insolvenzforderungen darstellen würden, aufrechnen, sofern später über das Vermögen des Auftragnehmers ein Insolvenzverfahren eröffnet wird.“
OLG München, Az.: 5 U 2499/09