(ip/pp) Ob und inwieweit ein Organisationsverschulden des Architekten bei Bauüberwachung zum Tragen kommen kann, hatte der Bundesgerichtshof (BGH) in einem aktuellen Verfahren zu entscheiden. Die Klägerin im betreffenden Verfahren hatte die Beklagte auf Schadensersatz wegen mangelhafter Bauüberwachung in Anspruch genommen - die Rechtsvorgängerin der Klägerin hatte als Generalunternehmerin eine Wohnanlage errichten lassen. Mit sämtlichen Architektenleistungen beauftragte sie eine GmbH. Diese vergab den Auftrag hinsichtlich der Leistungen nach den Leistungsphasen an Dritte, u.a. eine weitere GmbH. Über das Vermögen dieser weiteren GmbH wurde nach Verkündung des Berufungsurteils das Insolvenzverfahren eröffnet, die jetzige Beklagte wurde zur Insolvenzverwalterin bestellt.

Das Bauwerk war zuvor abgenommen worden, eine Gewährleistungsfrist vereinbart. Nach dieser schloss die Klägerin mit einer aus der Streithelferin und der weiteren GmbH bestehenden ARGE eine Vereinbarung, nach der die ARGE an die Klägerin 50.000 DM zu zahlen und die Klägerin die Gewährleistungsbürgschaft zurückzugeben hatte; damit sollten die Gewährleistungsansprüche der Klägerin aus dem Generalunternehmervertrag ausgeglichen sein.

Nach Ende der Gewährleistungsfrist leitete die Klägerin wegen Mängeln an der Glasfassade ein selbständiges Beweisverfahren gegen die weitere GmbH und deren Streithelferin ein. In diesem Verfahren verkündete der Insolvenzverwalter der zwischenzeitlich in Insolvenz gefallenen GmbH den früheren Beklagten den Streit. Außerdem trat er die Ansprüche der weiteren GmbH gegen die drei Beklagten an die Klägerin ab. Der gerichtliche Sachverständige stellte erhebliche Mängel an der Glasfassade fest, die nur durch eine Neuherstellung der Fassade mit einem Kostenaufwand von über 2 Millionen Euro zu beseitigen seien.

Letztinstanzlich urteilte der BGH:

“1. Die Rechtsprechung des Senats zur Organisationsobliegenheit des arbeitsteilig tätigen Werkunternehmers … ist auch dann anwendbar, wenn Ansprüche gegen ein Architektenbüro geltend gemacht werden, das die Bauüberwachung arbeitsteilig organisiert.

2. Die Gleichstellung der Verjährung im Falle der Verletzung einer Organisationsobliegenheit mit der Verjährung bei arglistigem Verschweigen eines Mangels ist nur gerechtfertigt, wenn die Verletzung der Organisationsobliegenheit ein dem arglistigen Verschweigen vergleichbares Gewicht hat.

3. Die Schwere eines Baumangels lässt grundsätzlich nicht den Rückschluss auf eine derart schwere Verletzung der Obliegenheit zu, eine arbeitsteilige Bauüberwachung richtig zu organisieren.

4. Den Bauherrn trifft jedenfalls die Obliegenheit, dem bauaufsichtsführenden Architekten mangelfreie Pläne zur Verfügung zu stellen.

5. Nimmt er den bauaufsichtsführenden Architekten wegen eines übersehenen Planungsmangels in Anspruch, muss er sich das Verschulden des von ihm eingesetzten Planers zurechnen lassen.

6. Der Verursachungsbeitrag des bauaufsichtsführenden Architekten an dem Bauwerksschaden muss unter Berücksichtigung seiner besonderen Aufgabenstellung gewichtet werden. Ein vollständiges Zurücktreten seiner Haftung kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht.”

BGH, Az.: VII ZR 206/06