(ip/pp) Hinsichtlich der Haftung des GmbH-Geschäftsführers für Steuerausfälle hatte der Bundesfinanzhof in einem aktuellen Urteil zu entscheiden. Der Kläger war zusammen mit einem weiteren Gesellschafter Geschäftsführer einer GmbH. Neben ihm und dem anderen Geschäftsführer hielt ein dritter Gesellschafter die übrigen 75 % der Gesellschaftsanteile, der Mehrheitsgesellschafter. Die Lohnsteueranmeldung der GmbH für Juli 2001 über insgesamt umgerechnet knapp 80.000 Euro ging Anfang August 2001 beim Beklagten Finanzamt ein. Einen Tag vor Posteingang bei Finanzamt aber hatten die Geschäftsführer Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH gestellt, einen Monat später wurde ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und später das Insolvenzverfahren eröffnet. Wegen der am Tag des Eröffnungsantrags fälligen, nicht abgeführten Lohnsteuer für Juli 2001 nahm das FA die Geschäftsführer gemäß §§ 69, 34, 35 der Abgabenordnung (AO) in Haftung. Nach erfolglosem Einspruch legte der Kläger im Klageverfahren dar, dass ihm keine grob fahrlässige Pflichtverletzung vorzuwerfen sei, weil der Mehrheitsgesellschafter die rund 8 Mio. Euro Schulden der GmbH durch Darlehen mit Rangrücktritt gesichert und die Liquidität noch durch Zahlung eines Teilbetrags von 350 000 DM auf ein Ende Juli vereinbartes Darlehen über 950 000 DM aufrechterhalten habe, bevor er eine Woche später, Anfang August, überraschend bekannt gegeben habe, die weitere Finanzierung nicht länger abdecken zu können. So seien Ende Juli liquide Mittel in Höhe von (umgerechnet) ca. 69 000 € und Ende August in Höhe von ca. 147 000 € vorhanden gewesen, außerdem habe bei der Hausbank kurzfristig ein Darlehen aufgenommen werden können. Im Zeitpunkt des Insolvenzantrags habe die GmbH somit über genügend Mittel verfügt, die Lohnsteuer 7/2001 zu zahlen. Lediglich aufgrund der bei der Insolvenzrichterin und dem späteren Insolvenzverwalter am Tage der Antragstellung eingeholten Auskünfte hätten er und der Mitgeschäftsführer sich nicht länger berechtigt gefühlt, Zahlungen für die GmbH anzuweisen. Das Finanzgericht (FG) hob den Bescheid auf, soweit der Kläger für Säumniszuschläge in Haftung genommen worden war, wegen der Hauptforderungen blieb die Klage erfolglos. Das FG urteilte, der Kläger habe pflichtwidrig und grob fahrlässig unterlassen, die für den Monat Juli 2001 einbehaltene und angemeldete Lohnsteuer bis zum 10. des Folgemonats an das FA abzuführen. Daran ändere die Stellung des Insolvenzantrags am 10. August 2001 nichts, da die bloße Antragstellung auf die Verfügungsbefugnis des Geschäftsführers keinen Einfluss habe. Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe habe der Kläger nicht glaubhaft gemacht.

In letzter Instanz entschied der BFH:

“1. Allein der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens befreit den GmbH-Geschäftsführer nicht von der Haftung wegen Nichtabführung der einbehaltenen Lohnsteuer.

2. Sind im Zeitpunkt der Lohnsteuer-Fälligkeit noch liquide Mittel zur Zahlung der Lohnsteuer vorhanden, besteht die Verpflichtung des Geschäftsführers zu deren Abführung so lange, bis ihm durch Bestellung eines (starken) Insolvenzverwalters oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Verfügungsbefugnis entzogen wird.

3. Die Haftung ist auch nicht ausgeschlossen, wenn die Nichtzahlung der fälligen Steuern in die dreiwöchige Schonfrist fällt, die dem Geschäftsführer zur Massesicherung ab Feststellung der Zahlungsunfähigkeit gemäß § 64 Abs. 1 Satz 1 GmbHG eingeräumt ist “

BFH, Az.: VII R 27/07