Forderungsausschluss und Versagungsvoraussetzungen im Insolvenzplanverfahren
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(ip/RVR) Mit Beschluss vom 15. Juli nahm der Bundesgerichtshof gleich zu mehreren Punkten des Insolvenzplanverfahrens Stellung. Unter anderem entschied er, dass eine an sich zulässige Ausschlussfrist einer Tabellenfeststellungsklage, die in einem Insolvenzplan vorgesehen sein kann, frühestens mit Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses zu laufen beginnt. Außerdem äußerte er sich zur Zulässigkeit einer sofortigen Beschwerde, welche die Versagung des Plans von Amts wegen zum Gegenstand hat, zur Glaubhaftmachung der Schlechterstellung durch den Plan gemäß § 251 InsO, zu Anforderungen an die Durchführung der Gläubigerversammlung sowie zu Anforderungen an den darstellenden Teil des Insolvenzplans.
Im November 2009 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin unter Anordnung der Eigenverwaltung eröffnet. Im selben Monat wurde vom Verfahrens-bevollmächtigten der Schuldnerin ein Insolvenzplan vorgelegt. Noch vor dem Berichts- und Prüfungstermin am 23. Dezember 2009 beantragten die Beschwerdeführer die Versagung der Bestätigung des Plans nach § 251 InsO. Nach dem Termin wurde der Plan am 30. Dezember 2009 bestätigt. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde blieb erfolglos. Mit deren Rechtsbeschwerde hatte der IX. Zivilsenat über die angefochtenen Beschlüsse und die Versagung der Planbestätigung zu befinden.
Entgegen der Auffassung der Schuldnerin fehle es nicht am Rechtsschutzbedürfnis mangels Beschwer. Der Insolvenzplan sah eine Ausschlussfrist für wirksam bestrittene Forderungen vor, nach welcher innerhalb von zwei Wochen nach Verkündung der gerichtlichen Planbestätigung Tabellenfeststellungsklage zu erheben war, anderenfalls die Forderungen nicht ins Verteilungsverzeichnis aufzunehmen waren. Das Unterbleiben der Klageerhebung rügte die Gemeinschuldnerin. Der IX. Senat stellte jedoch klar, dass die Frist jedenfalls erst mit Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses zu laufen beginnen könne – auch wenn dies zu Verzögerungen führte: „Andererseits kann dem mit einem Rechtsmittel angegriffenen Insolvenzplan nicht eine Vorwirkung in der Form zuerkannt werden, dass er dem Rechtsmittel die Grundlage entzieht, wenn der Rechtsmittelführer sich nicht bereits gleichzeitig den Vorschriften des Insolvenzplans unterwirft, dessen Bestätigung er bekämpft“ (Rz. 14 der Entscheidung).
Weiter konnte der BGH zur streitigen und bis zuletzt von ihm offen gelassenen Frage Stellung nehmen, ob die Beschwerde gegen die Bestätigung des Plans schon dann zulässig ist, wenn die Rechte des Gläubigers durch den Plan verändert werden oder ob darüber hinaus vorgetragen sein muss, dass der Gläubiger durch den Plan wirtschaftlich schlechter gestellt werde als ohne Plan im Regelverfahren. Der erkennende Senat schloss sich der ersten Auffassung an, weil anderenfalls bei der Zulässigkeit der Beschwerde bereits umfassend die Schlechterstellung geprüft werden müsste, zumindest aber eine Glaubhaftmachung der Gläubiger im Sinne des § 251 Abs. 2 InsO erfordern würde. Beides sei auch § 253 InsO nicht zu entnehmen.
Auch meinten die Beschwerdeführer, die Bestätigung des Plans hätte von Amts wegen versagt werden müssen und stützten dies auf eine Nichtbeachtung von § 250 Nr. 1 InsO. Im Rahmen dieser Vorschrift rügten sie die Verlegung der Gläubigerversammlung in einen anderen Raum, die zu kurz bemessene Dauer des Termins und die Unruhe im Sitzungssaal, welche eine Teilnahme aller anwesenden Beteiligten vereitelt habe. Für diese Fragen stellte der BGH heraus, „der Erörterungs- und Abstimmungstermin über einen Insolvenzplan gemäß § 235 InsO, ist so durchzuführen, dass eine geordnete Willensbildung und Abstimmung der Gläubiger möglich ist“ (Rz. 34 der Entscheidung).
Nach §§ 235 Abs. 1 und 2, 74 Abs. 2 Satz 1 InsO sei in der Ladung zum Erörterungs- und Abstimmungstermin zwar ein Terminsort zutreffend anzugeben, stellt sich dieser aber als zu klein heraus, so stelle es jedenfalls keinen wesentlichen Verfahrensmangel dar, wenn die Verlegung durch Aushang bekannt gemacht werde und in kurzer Zeit unschwer zu erreichen sei. Diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall erfüllt.
Die beiden weiteren Rügen bezüglich der Terminsdurchführung wies das Gericht zurück, weil insoweit substantiierter Vortrag fehle, der darauf hindeute, dass eine geordnete Willensbildung und Abstimmung gemäß dem oben zitierten Grundsatz nicht gewährleistet gewesen sei.
Schließlich rügten die Beschwerdeführer auch noch eine Verletzung des § 220 Abs. 2 InsO in verschiedener Hinsicht. Der BGH wies sie allesamt zurück und betonte, ein wesentlicher Mangel im Sinne des § 250 Nr. 1 InsO liege vor, wenn der Mangel des darstellenden Teils Einfluss auf die Annahme des Plans gehabt haben könnte, wenn also Angaben fehlten, welche erforderlich sind für die Vergleichsberechnung zu der Frage, inwieweit der Plan die Befriedigungschancen verändert. Für die Anforderungen an diese Angaben komme es entscheidend auf den Umfang der Masse an. Umfassende Ausführungen und Details - wie von den Beschwerdeführern verlangt - wären im Hinblick auf die Masse nicht zu verlangen gewesen.
BGH vom 15.07.2010, Az. IX ZB 65/10
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