Entscheidungen englischer Insolvenzgerichte können nicht verweigert werden
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(IP) Hinsichtlich ungerechtfertigter Restschuldbefreiung im Insolvenzverfahren in Großbritannien, um sich weiteren Forderungen und etwaigen Zwangsversteigerungen in Deutschland zu entziehen, hat das Landgericht (LG) Trier entschieden.
„Nach dem Grundgedanken der von den Parteien angeführten BGH-Entscheidung ... ist es nicht Aufgabe deutscher Gerichte, Entscheidungen englischer Insolvenzgerichte daraufhin zu überprüfen, ob das englische Gericht in Wahrheit international nicht zuständig gewesen ist. Zwar hat der BGH seine vorgenannte Entscheidung nur auf die ordre-public-Klausel des Art. 26 EuInsVO gestützt, um zu vermeiden, dass deutsche Gerichte den Entscheidungen englischer Insolvenzgerichte die Anerkennung verweigern können... Nach dem Grundgedanken der BGH-Entscheidung muss es der Klägerin jedoch auch über den Umweg des § 826 BGB verwehrt sein, die Fehlerhaftigkeit des englischen Insolvenzverfahrens (wegen Fehlens der Voraussetzungen) vor einem deutschen Gericht geltend zu machen und auf diese Weise die Wirkung der erfolgten Restschuldbefreiung des Beklagten im Verhältnis zwischen den Parteien faktisch auszuhebeln. Die Klägerin ist vielmehr darauf zu verweisen, die geeigneten Rechtsbehelfe vor dem englischen Gericht zu ergreifen.“
Die klagende Bank machte gegen den beklagten Zahnarzt geltend, er habe sich in England ein Insolvenzverfahren erschlichen und so eine Restschuldbefreiung erlangt. Dadurch sei den Darlehensforderungen missbräuchlich die Durchsetzbarkeit genommen worden. Zwar seien seine Wohnungen durch sie durch Zwangsversteigerung verwertet worden. Der Beklagte war als Zahnarzt in einer Gemeinschaftspraxis mit seinem Bruder tätig. Die Parteien schlossen Kreditverträge mit der klagenden Bank, aus denen der Klägerin nach Kündigung eine Hauptforderung von knapp 800.000,- € zustand, die sie geltend machte.
Der Beklagte verlegte darauf seinen Wohnsitz in das Vereinigte Königreich. Er verzichtete auch auf seine Zulassung als Vertragszahnarzt, woraufhin der Zulassungsausschuss das Ende seiner Zulassung beschloss. Kurz vorher reichte er einen ersten Insolvenzantrag beim Insolvenzgericht in Manchester ein, der durch das Gericht abschlägig beschieden wurde. Darauf reichte er auf Ende des Jahres einen erneuten Antrag dort ein. Das Insolvenzgericht eröffnete daraufhin ein Insolvenzverfahren für natürliche Personen (bankruptcy) über sein Vermögen. Infolgedessen erlangte er ein Jahr später Restschuldbefreiung, die sich u. a. auch auf Deutschland erstreckte. Der Beklagte war darauf als Zahnarzt in einer Praxis in Luxemburg tätig – und Mitinhaber einer deutschen Gemeinschaftspraxis.
Die Bank klagte dagegen: Der Beklagte habe sich die Restschuldbefreiung dadurch erschlichen, dass er das englische Gericht durch falsche Angaben über sein Centre of Main Interest (COMI) nach Art. 3 Abs. 1 EuInsVO und seinen Wohnort dazu verleitet habe, seine internationale Zuständigkeit sowie seine örtliche Zuständigkeit zu Unrecht anzunehmen.
LG Trier, Az.: 4 O 198/16