(ip/RVR) Eine vollstreckungsbeschränkende Vereinbarung zwischen Schuldner und Grundpfandgläubiger müsse der Insolvenzverwalter auch dann nicht beachten, wenn das Grundstück zugunsten des Gläubigers wertausschöpfend belastet ist. So der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 13. Januar diesen Jahres.

Vereinfacht lag dieser Entscheidung folgender Sachverhalt zu Grunde: Das schuldnerische Grundstück war zugunsten einer Gläubigerin wertausschöpfend mit einer Grundschuld belastet. Aufgrund der schweren Erkrankung der Schuldnerin und ihres Ehemannes wurde mit der Grundpfandgläubigerin eine Vereinbarung getroffen, welche einen Vollstreckungsverzicht in das Grundstück zum Gegenstand hatte, solange die Erkrankungen weiterbestanden, die Eheleute in dem Haus lebten und keine Vollstreckungsmaßnahmen Dritter anstanden.

Sodann wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Sie klagte gegen den eingesetzten Insolvenzverwalter auf Unterlassung jeglicher Verwertungsmaßnahmen hinsichtlich des Grundstücks und war damit in den ersten beiden Instanzen erfolgreich.

Das Berufungsgericht meinte, die Klage sei deshalb zulässig, weil der Verwalter das Grundstück in seinen Berichten als werthaltigen Vermögensgegenstand bezeichnete und sich im Prozess eines Verwertungsrechts berühmte. Begründet sei die Klage zwar nicht wegen einer Bindung des Insolvenzverwalters an den Vollstreckungsverzicht der Gläubigerin, ein Unterlassungsanspruch folge aber aus § 242 BGB: Die Gebote von Treu und Glauben verböten es, Vollstreckungsmaßnahmen durchzuführen, die zwar den Schuldner schädigten, aber im Hinblick auf schutzwürdige Interessen anderer Verfahrensbeteiligter nicht geboten seien. Der Verkauf des wertausschöpfend belasteten Grundstücks diene nur den Interessen der erstrangigen Gläubigerin. Diese sei wegen des Vollstreckungsverzichts jedoch nicht schutzwürdig.

Der IX. Senat folgte dieser Auffassung nicht. Die Insolvenzordnung kenne keine Bestimmung, die den Verwalter an schuldrechtliche Vertragsvereinbarungen binde. Das Recht und die Pflicht, das zur Masse gehörende Vermögen zu verwerten, hätte mit der Verpflichtung der Gläubigerin, sich den Vollstreckungsverzicht entgegenhalten lassen zu müssen, nichts zu tun. Auch § 242 BGB gebiete keine andere Beurteilung: Die Veräußerung des wertausschöpfend belasteten Grundstücks diene nicht zwangsläufig alleine den Interessen der Grundpfandgläubigerin, sondern könne unter Umständen durchaus den Zielen des Insolvenzverfahrens nach § 1 Satz 1 InsO – der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung – dienlich sein.

Zwar sei dies bei einer Vollstreckung durch die Gläubigerin oder durch die vom Verwalter selbst beantragte Zwangsversteigerung nicht zu erwarten. Anders als die Gläubigerin sei der Verwalter aber auch zur freihändigen Veräußerung berechtigt, mittels derer regelmäßig ein höherer Erlös erzielbar sei. Dies versetze den Verwalter in die Lage, gegen Zahlung eines mit der Grundpfandgläubigerin vereinbarten Kostenbeitrags das Grundstück zu veräußern und gleichzeitig die Masse durch diesen Kostenbeitrag zu erhöhen.

Im Hinblick auf ihren Gesundheitszustand bliebe der Schuldnerin immerhin der Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO, der es ihr ermögliche, zumindest vorübergehend das Grundstück zu Wohnzwecken weiter zu nutzen.

BGH vom 13.01.2011, Az. IX ZR 53/09


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