(IP) Hinsichtlich Haftung des Zwangsverwalters gegenüber dem Ersteher hat das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig mit Leitsatz entschieden.

„1. Mit Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren über ein Grundstück zu einem Zeitpunkt, in welchem dafür die Zwangsverwaltung noch besteht, entsteht zwischen dem Ersteher und dem Zwangsverwalter ein gesetzliches Schuldverhältnis, das auch nach anschließender Aufhebung der Zwangsverwaltung noch bis zu deren vollständigen Abwicklung fortdauert; das gilt auch dann, wenn die Anordnung der Zwangsverwaltung nach dem im Zwangsversteigerungsverfahren ergangenen Zuschlag noch am selben Tag aufgehoben wird“.
„2. Aus dem zwischen dem Ersteher einer zwangsversteigerten sowie zwangsverwalteten Immobilie und dem Zwangsverwalter begründeten gesetzlichen Schuldverhältnis ist nach § 154 Satz 1 ZVG der Zwangsverwalter im Rahmen der Abwicklung nach Beendigung der Zwangsverwaltung verpflichtet, dem Ersteher die aus der Zwangsverwaltung erhaltenen Unterlagen zum Objektstatus, insbesondere Mietverträge, Versicherungs- und Bauunterlagen vollständig zu übergeben“.
„3. Der Zwangsverwalter, der dem Ersteher zur ordnungsgemäßen Abwicklung der Zwangsverwaltung nicht sämtliche Verträge über die Mietverhältnisse zu dem ersteigerten zwangsverwalteten Grundstück herausgibt und ihn darüber inhaltlich auch nicht anderweitig vollständig informiert, haftet dem Ersteher für die diesem deswegen entstehenden Schäden (hier: auf Ersatz entgangenen Gewinns aus höheren Mieteinnahmen, weil der Zwangsverwalter dem Ersteher den mieterauswechselnden Ergänzungsvertrag zu einem Mietvertrag vorenthalten hat, weshalb der Ersteher die Kündigungsfrist zur Vorbereitung einer teureren Neuvermietung gegenüber dem wahren Mieter versäumt und mit diesem eine solche Neuvermietung erst zu einem späteren Zeitpunkt vereinbaren kann).
4. Zum Nachweis eines Schadens aus entgangenem Gewinn wegen versäumter früherer Vermieterkündigung und teurerer Neuvermietung des ersteigerten Grundbesitzes hat der den Zwangverwalter verklagenden Ersteher unter Berücksichtigung der Beweiserleichterungen der §§ 252 Satz 2 BGB, 287 ZPO alle konkreten Umstände darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, aus denen sich die Wahrscheinlichkeit des Schadens ergibt; die abstrakte Darlegung der ortsüblichen Miete mit Angebot des Sachverständigebeweises genügt dafür nicht“.

Die Klägerin begehrte von der Beklagten Schadensersatz für entgangene Mieten wegen unrichtiger Benennung des Mieters einer von ihr ersteigerten und von der Beklagten als Zwangsverwalterin verwalteten Immobilie.

Das OLG beschied: Der Klägerin stehe gegen die Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz zu. „Die Beklagte hat die ihr aus dem zwischen den Parteien bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnis obliegende Pflicht zur vollständigen Übergabe der aus der Zwangsverwaltung erhaltenen Objektunterlagen schuldhaft verletzt und hat daher der Klägerin den hieraus entstandenen Schaden zu ersetzen.“

Das Originalurteil kann hier abgerufen werden:

OLG Braunschweig, Az.: 9 U 18/17

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