(ip/RVR) Ein Urteil des LG München I vom 11.12.2009 zeigt wieder einmal, wie schwer sich die Rechtspraxis und die Rechtsprechung mit bestehenbleibenden Grundschulden tun. Diese treten meistens in einer Teilungsversteigerung (Zwangsversteigerung zur Aufhebung der Gemeinschaft) auf.

So war auch in diesem Falle in einer Teilungsversteigerung zwischen geschiedenen Eheleuten eine Grundschuld in Höhe von 127.822,97 € bestehen geblieben. Die (ehemalige) Ehefrau hatte unter Übernahme dieser Grundschuld einen Barbetrag von € 180.500 geboten. Die Grundschuld valutierte noch in Höhe von ca. 64.000 €, wobei das eigentlich erst zum Ende der Laufzeit zu tilgende Darlehen durch eine Tilgungszahlung nach Ablauf der Zinsbindung seitens des zu diesem Zeitpunkt bereits geschiedenen Ehemannes zurückgeführt worden war. In der Erlösverteilung hatte der ehemalige Ehemann etwas mehr als die Hälfte des Bargebotes, nämlich 94.666,15 € erhalten.

Nach Erteilung des Zuschlags an die Ehefrau wurde die Grundschuld von der Bank, die bei dieser Klage von dem geschiedenen Ehemann in Anspruch genommen wurde, an eine weitere Bank zur Umschuldung der verbliebenen Darlehensverbindlichkeiten der ehemaligen Ehefrau abgetreten. Der Beklagte hatte hierbei nicht mitgewirkt.

Wegen dieser Vorgehensweise sei die abtretende Bank schadensersatzpflichtig, so lautete die Klagebegründung. Von dem Gesamtergebnis der Versteigerung in Höhe von 308.322,97 (bestehenleibende Grundschuld + Bargebot) habe der Kläger nur die oben bereits erwähnte Zuteilung von 94.666,15 € erhalten. Zugestanden hätte ihm jedoch von dem Gesamtergebnis der Versteigerung die Hälfte, nämlich 154.161,48 €. Der Schaden beziffert sich demzufolge auf die Differenz in Höhe von 59.495,33 €. Die Möglichkeit diesen Betrag gegenüber seiner Ehefrau geltend zu machen, habe er durch die ohne seine Zustimmung erfolgt Abtretung der Grundschuld verloren. Hierin sei eine Pflichtverletzung, aber auch eine Untreuehandlung der Beklagten zu sehen, als deren Folge diese verpflichtet sei, diesen Betrag als Schaden zu ersetzen.

Die beklagte Bank war dem im wesentlichen mit dem Argument entgegengetreten, wenn überhaupt könne der Kläger nur Ansprüche gemeinschaftlich mit seiner ehemaligen Ehefrau als frühere Miteigentümerin des Grundstücks geltend machen. Eventuelle Rechte gegenüber seiner Ehefrau habe er im Rahmen der Teilungsversteigerung geltend machen müssen. Durch die erfolgte Abtretung der Grundschuld sei dem Kläger schon deshalb kein Schaden entstanden, da nur eine Übertragung an beide Darlehensnehmer infrage gekommen sei.

Die Rückgewähr hat in dem gleichen Rechtsverhältnis zu erfolgen, in dem die Berechtigten zueinanderstehen. Die Sachverhaltsschilderung im Urteil trifft jedoch keine Aussage, in welchem Rechtsverhältnis die Eigentümer untereinander standen.

Das LG hat die Klage als unbegründet abgewiesen und im wesentlichen ausgeführt der Kläger habe nicht dargetan, dass ihm gegen seine Ehefrau noch ein Betrag von 59.495,33 € zustehe, dessen Durchsetzung als kausale Folge einer Pflichtverletzung der Beklagten vereitelt wurde. Dabei wurde zwar (zutreffend) anerkannt, dass die Abtretung der Grundschuld an die weitere Bank ohne ausdrückliche Einverständniserklärung des Klägers dessen Rückgewähranspruch vereitelte. Allerdings, so das LG, habe er zumindest ein Teilverschulden, da er die Ansprüche gegen seine Ehefrau nicht gemäß § 53 Abs. 2 ZVG geltend gemacht habe. Letztlich scheitere seine Klage jedoch daran, dass er keine konkreten Forderungen gegen seine ehemalige Ehefrau dargelegt habe.

§ 53 Abs. 2 ZVG ist jedoch ersichtlich nicht geeignet, Ansprüche der Eigentümer untereinander anzumelden, denn nach dem Gesetzestext kann der Schuldner (in vorliegenden Fall die Eigentümer) bei einer bestehenbleibenden Grundschuld die seitens des Gläubigers der Grundschuld gegen ihn bestehende Forderung anmelden; damit also keinesfalls eine Forderung, die die Eigentümer untereinander haben. Aus einer nicht vorgenommenen Anmeldung kann dann auch kein Mitverschulden abgeleitet werden.

Entscheidend ist, dass das Urteil des BGH vom 21. Mai 2003 wohl nicht in den Prozess eingeführt wurde. Danach kann der Ersteher eines Grundstücks in der Zwangsversteigerung, der aus einer bestehengebliebenen Grundschuld dinglich in Anspruch genommen wird, dem Grundschuldgläubiger grundsätzlich keine Einreden entgegensetzen, die sich aus dem zwischen dem früheren Eigentümer (Sicherungsgeber) und dem Gläubiger (Sicherungsnehmer) abgeschlossenen Sicherungsvertrag ergeben (BGH, Urteil vom 21. Mai 2003 - IV ZR 452/02).

Weiter führt der BGH aus: Die Klägerin hat ein belastetes Grundstück erworben, dafür aber ein entsprechend geringeres Bargebot nach § 49 Abs. 1 ZVG entrichtet; ein Teil des nach den Versteigerungsbedingungen zu erbringenden Kaufpreises ist durch den nominalen Grundschuldbetrag ersetzt worden. Da die Grundschuld bestehen geblieben ist, hat die Klägerin aus dem ihr zugeschlagenen Grundstück die Beklagte bei Fälligkeit der Grundschuld zu befriedigen.

Dass die Beklagte das Darlehen nicht gekündigt hat und - da es vertragsgemäß bedient wird - auch nicht ohne weiteres kündigen könnte, ist unerheblich, so der BGH weiter. Entscheidend ist, daß das Kapital der Grundschuld sowie Zinsen und Nebenleistungen ausweislich der Grundschuldbestellungsurkunde jederzeit fällig sind (§ 1193 Abs. 1, 2 BGB). Das genügt, um der Beklagten eine Inanspruchnahme der Klägerin zu ermöglichen. Die Beklagte ist schließlich berechtigt, Befriedigung in Höhe der vollen Grundschuldsumme zu verlangen.

Dies bedeutet, dass der Kläger dem Grunde nach sehr wohl einen Schadensersatzanspruch gegen die abtretende Bank haben kann, da dieser den vom BGH festgestellten Preisbestandteil, den auch der rückgewährberechtigte Miteigentümer als Äquivalent für sein verlorenes Grundstück beanspruchen kann, aufgrund dieser Handlungsweise nicht mehr durchsetzen kann. Die Bezifferung konkreter Forderungen gegen die Ehefrau ist daher überhaupt nicht notwendig.

Zur Vermeidung dieser und sich auch im weiteren bei der konsequenten Durchsetzung dieser Erkenntnis ergebenden vielfältigen Probleme behilft sich die Rechtspraxis gelegentlich mit abweichenden Versteigerungsbedingungen, wonach die Grundschulden erlöschen sollen und nur durch Zahlung zu bedienen ist.

LG München vom 11.12.2009, Az. 25 O 6214/09


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