(IP) Hinsichtlich Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen eine Stützmauer hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) des Landes Sachsen-Anhalt mit Leitsatz entschieden: „1. Ein Anspruch des Nachbarn auf bauordnungsbehördliches Einschreiten folgt aus §§ 79 S. 1, 57 Abs. 2 BauO LSA (juris: BauO ST), wenn die bauliche Anlage nicht durch eine bestandskräftige Baugenehmigung gedeckt wird, die Anlage materiell rechtswidrig ist und den klagenden Nachbarn in seinen Rechten verletzt, dieser seine Abwehrrechte nicht verwirkt hat und das Ermessen der Behörde auf Null reduziert ist.

2. Die Vorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 2 BauO LSA (juris: BauO ST), dass die Standsicherheit anderer baulicher Anlagen und die Tragfähigkeit des Baugrundes des Nachbargrundstücks nicht gefährdet werden darf, hat nachbarschützende Wirkung ... Auch der Vorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 1 BauO LSA (juris: BauO ST) über die (eigene) Standsicherheit von Anlagen kann im Einzelfall nachbarschützende Wirkung zukommen.

3. Eine Verpflichtung zum bauaufsichtlichen Einschreiten besteht, wenn eine unmittelbare Gefährdung besonders wichtiger Rechtsgüter (Leben, Gesundheit) vorliegt, gerade wenn eine bauliche Anlage nicht (mehr) standsicher ist. Voraussetzung für einen bauaufsichtlichen Eingriff nach § 57 Abs. 2 Satz 2 BauO LSA (juris: BauO ST) ist das Vorliegen einer konkreten Gefahr im Sinne der Reglungen des allgemeinen Polizei und Ordnungsrechts.

4. Macht ein Dritter gegenüber der Bauaufsichtsbehörde geltend, durch eine Anlage in seinen Rechten verletzt zu sein, so hat er einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein bauaufsichtliches Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde sowie auf Art und Weise des Einschreitens. Besteht ein Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten nicht, muss die Behörde ihr Ermessen unterhalb der Schwelle der Ermessensreduzierung auf Null ordnungsgemäß ausüben“.

Der Kläger verlangte vom Beklagten das bauaufsichtliches Einschreiten. Er war Eigentümer eines Grundstücks, die Beigeladenen Eigentümer einer angrenzenden, mit einem Wohnhaus bebauten Fläche. Sie hatten dort eine u-förmig angeordnete Stützmauer errichtet.

Der Kläger beanstandete, das das Bauwerk nicht über ein hinreichendes Fundament verfüge und seitlichen Druck auf die auf seinem Grundstück stehende Stützmauer eines ehemaligen Scheunengebäudes ausübe. Durch die Lastabtragung sei mit einem baldigen Einsturz der Scheunenmauer zu rechnen. Dieser Umstand sei auch nach Anordnung der Zwangsversteigerung seines Grundstücks zu berücksichtigen, weil er zu einer Wertminderung führe und potentielle Erwerber abschrecke.

OVG Landes Sachsen-Anhalt, Az.: 2 L 22/13

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