(IP) Hinsichtlich der Folgenabwägung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren bei drohendem Rangverlust hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg mit Leitsatz entschieden:

„1. Der Grundsatz der konkreten Vollständigkeit dürfte nicht verlangen, dass für alle „irgendwie denkbaren“ Fälle eine Maßstabsregelung vorhanden sein muss, sondern nur für die realistischerweise zu erwartenden Fälle.

2. Es ist kein realistischerweise zu erwartender Fall, wenn ein Bebauungsplan keine Bestimmung enthält, wie die Anzahl der Vollgeschosse zu ermitteln ist und mangels Umgebungsbebauung auch sonst nicht abgeleitet werden kann, wie viele Vollgeschosse, wie hoch oder mit welcher Baumassenzahl gebaut werden darf.

3. Bei einer Zwangsvollstreckung in das Grundstück ist ein Beitrag in voller Höhe im dritten Rang zu berücksichtigen, aber nur solange er nicht länger als vier Jahre rückständig ist.

4. Da ein Rangverlust erheblich nachteilig ist, ist in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren im Rahmen einer offenen Interessenabwägung die Aussetzung der Vollziehung nicht angezeigt.

5. Die dann mögliche Eintragung des Sperrvermerks wegen einer vollstreckungsrechtlichen Grundstücksbeschlagnahme ist zwar mit dem Makel verbunden, die Grundstückseigentümerin könne und wolle die Forderung nicht bedienen. Dieser Nachteil wiegt aber weniger schwer als der mögliche Rangverlust.“

Die Antragstellerin war Eigentümerin eines Grundstücks. Der Antragsgegner hatte sie diesbezüglich zunächst zu einem Schmutzwasserbeitrag in Höhe von gut 34.000,- Euro herangezogen, den dann jedoch mit Widerspruchsbescheid auf knapp 140.000,- Euro festgesetzt. Auf den Eilantrag der Antragstellerin ordnete das Verwaltungsgericht darauf die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides an. Gegen den entsprechenden Beschluss hatte der Antragsgegner Beschwerde eingelegt. Er hatte beantragt, die erstinstanzliche Entscheidung im Wege einer Zwischenverfügung vorläufig außer Vollzug zu setzen, weil er anderenfalls gehindert sei, den bislang bestehenden Rang der wegen des Beitrages auf dem Grundstück liegenden öffentlichen Last zu sichern.

OVG Berlin-Brandenburg, Az.: OVG 9 S 44.14


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