Eine Antragsberechtigung auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 14 Abs. 1 InsO bestehe für einen nachrangigen Gläubiger auch dann, wenn dieser im eröffneten Verfahren keine Befriedigung erwarten kann. Das Rechtsschutzinteresse für einen solchen Antrag hinge generell nicht von einer Befriedigungsmöglichkeit ab. Dies entschied der Bundesgerichtshof in einem Beschluss vom 23.09.2010.

Die Gläubigerin war stille Gesellschafterin der Schuldnerin, bis sich der Einlagen-Rückzahlungsanspruch vertragsgemäß in ein Darlehen umwandelte. Nach dem Gesellschaftsvertrag war im Falle einer Insolvenz dieser Anspruch nur nachrangig zu befriedigen. Die Gläubigerin kündigte das Darlehen und stellte daraufhin einen Insolvenzantrag, weil die Schuldnerin den fälligen Anspruch nicht erfüllte. Das Insolvenzgericht leitete Maßnahmen nach § 21 Abs. 2 InsO ein und bestellte einen vorläufigen Verwalter. Die Schuldnerin wehrte sich hiergegen erfolglos mit der Beschwerde. Die Rechtsbeschwerde zum BGH blieb ebenfalls erfolglos.

Der IX. Senat bestätigte das Beschwerdegericht in seiner Auffassung, der Antrag scheitere nicht an einem mangelnden Rechtsschutzinteresse der Gläubigerin. Die Schuldnerin meinte hingegen, mangels Befriedigungsaussichten entfiele ein solches Interesse bei einer nachrangigen Forderung im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO.

Im Schrifttum wird aufgrund der Regelung des § 174 Abs. 3 InsO zum Teil die Auffassung vertreten, dass nachrangige Gläubiger nur dann ein Antragsrecht hätten, wenn sie zumindest eine teilweise Befriedigung erwarten könnten. Nach Meinung des BGH beziehe dich diese Vorschrift allein auf das eröffnete Verfahren, welches durch nachrangige Forderungen möglichst nicht belastet und verlangsamt werden solle. Dass ein Insolvenzantrag nicht auf eine nachrangige Forderung gestützt werden könne, sei dem nicht zu entnehmen.

Erstens seien nach der Regelung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO die nachrangigen Gläubiger ebenfalls Insolvenzgläubiger im Sinne des § 38 InsO und von Anfang an in das Verfahren einbezogen.

Zweitens seien nachrangige Forderungen bei der Überschuldungsbilanz (nach § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO) und der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit zu berücksichtigen: „Sind nachrangige Forderungen bei der Prüfung der Insolvenz sonstigen Forderungen gleichzustellen, entspricht es dem Gesetzeszweck, dass die Insolvenzeröffnung auch auf der Grundlage einer nachrangigen Forderung beantragt werden kann. Demgemäß ist § 174 Abs. 3 InsO, der erst nach Feststellung der Teilungsmasse eingreift, eine Beschneidung der Antragsbefugnis nachrangiger Insolvenzgläubiger nicht zu entnehmen“ (Rz. 10 der Entscheidung).

Darüber hinaus hindere das Fehlen ernsthafter Befriedigungsaussichten eines nachrangigen Gläubigers generell nicht das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses. Zum einen ergebe sich aus § 26 InsO eine Eröffnungsmöglichkeit, soweit nur die Verfahrenskosten gedeckt sind. Danach sind auch nicht nachrangige Gläubiger trotz fehlender Befriedigungsaussichten zur Antragstellung berechtigt. Eine Ungleichbehandlung der Gläubiger sei insoweit nicht gerechtfertigt.

Zum anderen handle es sich bei den Gläubigern nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO regelmäßig um Gesellschafter einer Gesellschaft, für deren Organe § 15a InsO eine Antragspflicht statuiert. Unterbleibt dieser Antrag, wäre es gerade im Lichte der Ersatzzuständigkeit der Gesellschafter nach § 15a Abs. 3 InsO unzweckmäßig, das Verfahren wegen fehlender Befriedigungsaussichten nicht zu eröffnen. „Vielmehr ist es im Interesse gerade der nicht nachrangigen Gläubiger geboten, auf den Antrag eines nachrangigen Gläubigers das Insolvenzverfahren zu eröffnen“ (Rz. 13 der Entscheidung).

BGH vom 23.09.2010, Az. IX ZB 282/09


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