(ip/RVR) Der I. Zivilsenat des BGH entschied: Die Auskunftsverpflichtung nach § 807 ZPO umfasse auch künftige Forderungen, wenn Rechtsgrund und Drittschuldner hinreichend bestimmt sind. Bei einem selbständig tätigen Schuldner seien diese Voraussetzungen allerdings regelmäßig nur bei laufender Geschäftsbeziehung und begründeter Erwartung zukünftiger Kundenaufträge erfüllt.

Die selbstständige Schuldnerin, eine niedergelassene Ärztin, unterwarf sich mit notarieller Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. Eine Gläubigerin betrieb die Vollstreckung und ließ die Schuldnerin die eidesstattliche Versicherung abgeben. Sie beantragte sodann die Ergänzung dieser Versicherung in Ansehung von Namen und Anschrift eines jeden Privatpatienten der letzten 12 Monate sowie der jeweils getätigten Umsätze. Unter Berufung auf ihre ärztliche Schweigepflicht verweigerte die Schuldnerin diese Auskünfte und widersprach dem Antrag.

Das Amtsgericht wies den Widerspruch zurück. Das Beschwerdegericht beschränkte die Pflicht zur Auskunftserteilung auf diejenigen Patienten, welche ihre Rechnung noch nicht bezahlt haben oder für deren Behandlung eine solche noch nicht gestellt ist. Der BGH hat diese Entscheidung in der Rechtsbeschwerdeinstanz bestätigt.

Grundsätzlich könne sich die Gläubigerin nicht auf ihre ärztliche Schweigepflicht berufen. Soweit es nämlich um Honorarforderungen sowie Namen und Anschrift der Patienten ginge, verstoße eine Auskunftserteilung weder gegen die Berufsordnung für Ärzte, den Behandlungsvertrag, das StGB oder das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Zwar unterlägen auch diese Daten den Geheimhaltungsinteressen der Patienten. Die Befriedigungsinteressen des Gläubigers hätten hier aber Vorrang, weil die Angabe der Daten für die Durchsetzung der Gläubigerrechte erforderlich sei, aber nicht den geschützten Intimbereich der Patienten beträfe.

Auf der anderen Seite diene § 807 ZPO nicht dazu, dem Gläubiger eine allgemeine Kontrolle über die Erwerbstätigkeiten des Schuldners zu verschaffen. Da sie dem Gläubiger keinen Zugriff auf konkrete Vermögensgegenstände ermöglichen, müsse der Schuldner bloße Erwerbsmöglichkeiten nicht offenbaren. Zukünftige Forderungen seien durchaus davon erfasst, jedoch nur, wenn sie nach Rechtsgrund und Drittschuldner hinreichend bestimmt sind. Dies sei aber nur bei Patienten der Fall, soweit sie die Rechnung noch nicht erhalten oder bezahlt haben. Nur bei diesen könne man von einer laufenden Geschäftsbeziehung und begründeten Erwartung neuer Aufträge ausgehen. Bei denjenigen, welche ihre Rechnung bereits beglichen haben bzw. deren Behandlung abgeschlossen ist, ließe sich nicht mit ausreichender Sicherheit vorhersagen, ob sie überhaupt wieder die Schuldnerin aufsuchen werden. Deren Geheimhaltungsinteressen überwögen daher das Befriedigungsinteresse des Gläubigers.

BGH vom 03.02.2011, Az. I ZB 2/10

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